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Unternehmensplattform Deutschland. Die agnostische Infrastruktur
vonDr. Matthias Gottlieb und Patrick Weinmann (beide Bayerisches Staatministerium für Digitales)
Mit der Unternehmensplattform Deutschland entwickelt das Bayerische Ministerium für Digitales (BStMD) eine Lösung, die es Unternehmen ermöglichen soll, alle Verwaltungsdienstleistungen über einen Single Point of Contact zeitsparend, medienbruchfrei und digital in einem durchgängigen Prozess abzuwickeln. Dr. Matthias Gottlieb und Patrick Weinmann (beide BStMD) stellen den aktuellen Stand in Sachen Unternehmensplattform Deutschland vor.
Die Suche nach Verwaltungsleistungen ist zeitaufwendig. Selbst wenn man den richtigen Antrag findet, gibt es bürokratische Hürden: mehrere Nutzerkonten, E-Mail-Verifizierung, wiederholte Eingaben zum eigenen Unternehmen. Heterogene Portale und Logindaten erschweren nutzerfreundliche Onlinedienste in einem föderalen Umfeld. Die Digitalisierung der Verwaltung fokussiert sich auf Bürgerkommunikation, obwohl Unternehmen als „Poweruser“ gelten. Eine Lösung muss daher einen Single-Point-of-Contact (SPoC) bieten und interoperabel sein. Diese Überlegungen führten 2019 zur Unternehmensplattform Deutschland (UP-D), entwickelt aus dem föderalen IT-Projekt „Mein Unternehmenskonto“, welches Bayern und Bremen als OZG-Basisdienst weiterentwickeln.
Im Jahr 2022 haben das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (Nordrhein-Westfalen) sowie das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus (Baden-Württemberg) unter Federführung des Bundesministeriums des Innern und des Bayerischen Staatsministeriums für Digitales die Machbarkeitsstudie „Einheitliche Stelle“ nach § 6b der Gewerbeordnung (GewO) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen Anforderungen und Optimierungsmöglichkeiten auf sowie welche Hindernisse zu beseitigen sind. Studiendaten aus Digitallaboren von Politik und Wirtschaft belegen die Machbarkeit und Notwendigkeit eines zentralen Ansprechpartners für die Wirtschaft.
Durch die Integration der UP-D wird die föderale IT-Architektur unternehmensfreundlich weiterentwickelt. Die Konformität wurde durch das föderale IT-Architekturboard geprüft. Am 14. August 2023 wurden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie präsentiert, und im Dezember 2023 beteiligten sich die interessierten Länder und Projektpartner am Konsultationsprozess für die weitere Umsetzung.
Das Ziel der UP-D
Ziel ist, eine zentrale Online-Plattform nach dem Once-Only-Prinzip für einen deutschlandweiten One-Stop-Shop zu entwickeln – die UP-D. Über diese sollen Unternehmen in Deutschland alle notwendigen Dienstleistungen bei der Verwaltung abrufen können. Der Fokus liegt darauf, die Verfügbarkeit wirtschaftsrelevanter Verwaltungsinformationen deutschlandweit zu verbessern. Unternehmen sollen schnell Zugang zu Informationen über Genehmigungsverfahren, Fördermöglichkeiten, rechtliche Rahmenbedingungen und weitere Themen erhalten. Die Plattform bietet eine nutzerorientierte Navigation, die alle relevanten Informationen an einem Ort bündelt. Dabei werden bestehende Infrastrukturen vernetzt, um eine nahtlose und nutzerfreundliche Interaktion zwischen Unternehmen und Behörden zu gewährleisten.
Zweck
Die bekannte „Single-Digital-Gateway-Verordnung“ fordert die Abwicklung im Sinne eines „einheitlichen digitalen Zugangstors“ nach der Verordnung (EU) 2018/1724. Darauf bezieht sich das Bayerische Digitalgesetz (BayDiG) Art. 28 und beschreibt die Schaffung eines Organisationsportals, in dem alle Verwaltungsverfahren bereitgestellt werden.
Der Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz vom 22. Juni 2023 bestätigt den Bedarf an eGovernment-Lösungen für die Wirtschaft und weist mit Nachdruck nicht nur auf die Bedeutung eines SPoCs für die Wirtschaft hin, sondern betont darüber hinaus die essenzielle Bedeutung einer Koordination.
Mehrwerte der UP-D
Die in der Machbarkeitsstudie identifizierten Mehrwerte der UP-D führen zu den fehlenden, aber erforderlichen „Querschnittsfunktionen“ und „Infrastrukturkomponenten“.
Querschnittsfunktionen
- Die Koordinierungsfunktion vereinheitlicht die föderale IT-Landschaft durch Entwicklergemeinschaften und verbessert die Datenqualität durch Stärkung der Redaktionssysteme. Die Koordinierung umfasst Bund, Länder und Kommunen sowie Unternehmen und harmonisiert Datenstandards.
- Die Entwicklungsfunktion fördert die Nutzung und Weiterentwicklung bestehender Anwendungen im föderalen IT-Kontext, wie das Mein Unternehmenskonto, das Wirtschaftsserviceportal und die OZG-Cloud. Neuentwicklungen erfolgen nur bei Bedarf.
- Mit der Rolloutfunktion werden bestehende digitale Leistungen nach dem „Einer für Alle“-Prinzip über die UP-D nachnutzbar gemacht, basierend auf existierenden Länderportalen, um Doppelstrukturen zu vermeiden und das Serviceangebot zu verbessern.
- Die Verknüpfungsfunktion vernetzt Verwaltungsstrukturen über Fachportale und Register, wodurch die Nutzerfreundlichkeit erhöht und medienbruchfreie Weiterleitungen ermöglicht werden.
- Die Evaluierungsfunktion dient der kontinuierlichen Verbesserungen aus Sicht der Stakeholder.
Infrastrukturkomponenten
Die UP-D nutzt bewährte Infrastrukturen nach dem Prinzip der Nachnutzung, um Synergien zu generieren. Im Folgenden werden die wesentlichen Komponenten eingehender beschrieben.
- Identitätsprovider: Das Mein Unternehmenskonto bietet Unternehmen jeder Größe eine sichere Authentifizierungsmethode auf Basis von Elster-Zertifikaten zur einfachen Online-Beantragung von Verwaltungsdienstleistungen. Es ermöglicht eine eindeutige Identifikation und Nutzerrechtesteuerung für alle, vom Soloselbständigen bis zum Großkonzern.1
- Verknüpfung von Fachportalen: Die Erweiterung bestehender Fachportale wie WSP.NRW und das Bayerische Unternehmensportal um ein nutzerzentriertes Frontend mit Single-Sign-On. Zusätzlich ermöglicht es eine nahtlose Integration zwecks einer einfacheren und schnelleren Zuordnung von Anträgen aller wirtschaftsbezogenen Verwaltungsleistungen. Die Unternehmensnavigation der UP-D verbessert die PVOG-Suche, indem sie (i) die heterogene Portallandschaft vereinheitlicht, (ii) die Kommunikation transparenter macht sowie (iii) die Suche nach relevanten Informationen erleichtert.
- (i) Der SPoC berücksichtigt die regionalen Erfordernisse in dem er verschiedene Portale verbindet und schafft somit eine zentrale Anlaufstelle.
- (ii) Bereitgestellte personalisierte Inhalte ermöglichen die Identifikation des Benutzers und bieten ein revisionssicheres Dokumentenarchiv für eine rechtssichere Kommunikation mit den Behörden.
- (iii) Die intelligente und benutzerfreundliche Suchfunktion ermöglicht eine effektive und effiziente Informationssuche sowie eine Branchensuche.
- Föderale Transportinfrastruktur: Die Transportinfrastruktur verknüpft die bestehende Infrastruktur der Länder und des Bundes medienbruchfrei. Die UP-D erweitert diese Struktur mit einer agnostischen Infrastruktur, die Intermediäre wie Kammern und Verbände berücksichtigt. Sie ermöglicht länderübergreifende Anbindungen und sorgt mittels geeigneten Routings für die bidirektionale Kommunikation mit unterschiedlichen Standards. Dies gewährleistet Skalierbarkeit, Erreichbarkeit, Zuverlässigkeit, Resistenz und Sicherheit mit dem föderalen IT-Strukturen wie XÖV-Standards, XTA, OSCI und FIT-Connect. Zudem ermöglicht sie länderübergreifend mehrstufige Fachverfahren.
- Einfache Fachverfahren (einFACH): Die generische Schnittstelle ermöglicht über Maschine-zu-Maschine (M2M)-Kommunikation bis zu OZG-Reifegrad vier. Die OZG-Cloud bietet Kommunen ein M2M-Werkzeug zur Bearbeitung von Anträgen aus Online-Diensten. Die Adapter der OZG-Cloud ermöglichen Empfang und Verarbeitung in der zuständigen Kommune.2
Fazit und Ausblick
Die Digitalisierung in Deutschland bietet Unternehmen und Verwaltung großes Potenzial zur Prozessoptimierung und vereinfachtem Datenaustausch. Zahlreiche Online-Dienste und eine komplexe IT-Landschaft erschweren die Suche nach Verwaltungsleistungen. Die UP-D als zentrale Plattform löst dies, indem sie Unternehmen einfachen Zugang zu Informationen und Dienstleistungen bietet.
Mit der UP-D soll eine nutzerfreundliche Informationsplattform geschaffen werden, die vorhandene IT-Strukturen miteinander vernetzt. Das Mein Unternehmenskonto ermöglicht mit ELSTER-Technologie die eindeutige Identifikation und Nutzerrechteverwaltung. Das Modul Unternehmensnavigation der UP-D bietet eine zentrale Anlaufstelle, personalisierte Inhalte und eine effiziente Suchfunktion.
Die Initiative zur Entwicklung der UP-D bietet an die Interaktion zwischen Unternehmen und Verwaltung zu vereinfachen und steigert so die Effizienz. Durch umfassende Integration und Optimierung der digitalen Infrastruktur schafft die UP-D signifikanten Mehrwert für Wirtschaft und Verwaltung. Durch Beschluss des 41. IT-PLR laufen weitere Schritte zur deutschlandweiten Einführung der UP-D.
1 Bayerisches Staatsministerium für Digitales (Hg.): Mein Unternehmenskonto, online | |
2 Vgl. IT-Verbund Schleswig-Holstein (ITV.SH) (Hg.): Die OZG-Cloud, online |
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